Die Reise: seit 10 Jahren machen wir jeden Sommer eine Reise mit unseren Pferden durch Europa oder durch Italien. Dabei reiten wir immer von zu Hause los ( Premariacco in der Nähe von Udine), ohne jegliche motorisierte Unterstützung. Wir sind schon in Deutschland und in Frankreich, in Slowenien, Ungarn und Rumänien, in der Ukraine und in Weissrussland gewesen. Dieses Jahr haben wir an Tschechien und Polen gedacht, zwei Länder, die vor einer grossen Wende stehen, weil sie schon im 2004 Mitglieder der EU sein werden. Die Route, die wir gewählt haben, ist die sogenannte “Bernstein-Strasse”, die alte kommerzielle Route, die die Ostsee mit dem Mittelmeer verband.
Unsere Reisegefährten waren Terek, ein Anglo-Araber-Sarde, 11 Jahre alt, und Diamantea “Tea”, ein italienisches Sattelpferd, 7 Jahre alt. Siehe unsere Pferde
Wir hatten zwei Monate Zeit zur Verfügung: bei einer durchschnittlichen Tagesstrecke von 40-45 km haben wir die Ostsee in 55 Tagen erreicht (dazwischen 8 Ruhetage)
Am 1. Juli 2003 sind wir von Premariacco losgeritten und in 3 Tagen haben wir Tarvis erreicht. Ein treuer Freund ist Goldes wert: so war die erste Etappe in Buja (bei Gabriella und Alessandro), die Zweite in Moggio (bei Elena und Corrado) und die Dritte in Valbruna, beim Reiterhof Prati Oitzinger von unserem alten Bekannten Luciano Piussi.
Am 4. Juli sind wir am Grenzübergang mit österreich. Am alten Zollamt von Coccau gehen die Pferde an den staubigen Wachstellen einfach vorbei.
Vom 4. bis zum 24. Juli
Wir brauchen ungefähr 20 Tage, um quer durch österreich zu reiten, und zwar durch Kärnten, Steiermark und Niederösterreich. Da übernachten wir in Reiterhöfen oder bei Privatpersonen, die Pferde haben.
Die erste Nacht in österreich haben wir in Arnoldstein bei unserem Freund Dieter Michitsch verbracht. In den nächsten vier Tagen benutzen wir die markierten Wege vom “Reit-Eldorado” und erreichen Mühlen über den Ossiacher See, St. Veit an der Glan, den Längsee und den Norischen Panoramaweg. Wir übernachten in Oberwinklern (Reiterhof Jaeger), in Liebenfels (Reitclub Seidlhof ), in Bernaich am Längsee (bei Familie Plieschnig) und in Aich bei Mühlen (Reithof Khom).
Von Mühlen erreichen wir den Zirbitzkogel und reiten dann hinunter nach St.Anna in Lavantegg (Pension Anna) und nach Weisskirchen im Murtal. Am 10. Juli sind wir Gast bei Familie Weidlinger in Grosslobming.
Im Murtal folgen wir dem Reitweg bis Hinterberg bei Leoben (Reithof Angerer).
Es gilt jetzt, nach Norden zu reiten, weil wir unbedingt Maria Zell besuchen wollen. So sind unsere nächsten Etappen Grossdorf bei Tragöss (bei Dagmar Mayerhofer und Elke Hauser),
Aflenz (Reithof Holzer, wo wir uns einen Tag Pause gönnen)
und die Wetterin Alm.
Am 16.07. um 12.00 Uhr sind wir endlich in Maria Zell und besuchen die alte Wallfahrtstkirche...wir sind ja unzeitgemässe Pilger zu Pferd!
Von St.Pölten sind wir die Traisen entlang geritten bis Traismauer, hier haben wir einen Tag Pause im Reithof von Herrn Stipsits gemacht.
Am 21.07. haben wir die Donau bei Altenwörth überquert. Der grosse Fluss ist eine alte Bekanntschaft von unseren Pferden, die ihn schon dreimal in anderen Reisen auf Brücken und Fähren überquert haben. Für uns ist er ein wichtiges Zwischenziel nach 21 Tagen Marsch.
Jenseits der Donau wird die Landschaft ganz anders: keine Berge und Tannenwälder mehr, sondern sanfte Hügel und grosse Getreidefelder, die Farben im Vordergrund sind Gelb und Ocker. Hier fängt die Ebene an, es ist uns, als ob wir jetzt einen Ofen betreten würden.
Wir übernachten am 21. 07. in Zaussenberg (Reithof Häusler), am 22.07. in Weyerburg (bei Familie Brückner) und am 23.07. in Laa an der Thaya (bei Herrn Johann Lachmayer).
Donnerstag den 24. 07. reiten wir lange auf einem Feldweg entlang der österreichisch-tschechischen Grenze. Die rot-weiss bemalten Grenzsteine tauchen hie und da zwischen hohem Gras und Maispflanzen hervor.
Was einmal die Grenze des Eisernen Vorhanges war, unüberwindbar und strengstens bewacht, wird schon nächstes Jahr nicht mehr existieren.
Österreich, eine Bilanz:
Was unsere Erfahrung betrifft, und nicht nur in dieser Reise (Siehe Von der Adriasee an die Nordsee, hat sich Österreich nicht nur als ein sehr schönes – was ja alle wissen – aber auch als ein recht pferdefreundliches Land erwiesen, und die Leute, mit denen wir in Kontakt gekommen sind, haben uns immer herzlich empfangen und sehr viel geholfen. Man findet immer alles was man braucht und die Preise sind auch sehr vernünftig (aber: je näher bei Wien, desto teurer). Einige Wanderreitherbergen sind einfach vorbildlich! In diesem Sinn habe ich manchmal österreich mit einem Luxushotel für Pferde verglichen. Pferde sind tief in der kollektiven Vorstellungswelt gewurzelt und das öffnet uns Türen und Herzen.
Deswegen möchten wir hier allen unseren österreichischen “Gastgebern” noch einmal recht herzlichen Dank sagen!
Vom 24. Juli bis zum 6. August
Am 24. Juli sind wir am Grenzübergang mit der Tschechischen Republik in Drasenhofen/Mikulov.
Unsere Route durch Tschechien geht in Richtung Norden zuerst durch Südmöhren (Brno, Olomouc) und dann durch Ostböhmen (Naturpark der Orlicky-Berge). Wir reiten langsamer als geplant wegen der fast unerträglichen Hitze.
In den Orlicky-Bergen befindet sich auch die Wasserscheide zwischen dem Einzugsgebiet des Schwarzen Meeres und dem der Nord- und Ostsee.
Am 6. August erreichen wir den Grenzübergang von Nachod/Kudowa mit Polen.
6. bis zum 27. August 2003.
In Polen sind wir zuerst in Richtung Nordosten geritten, nach Wroclaw (Breslau), und dann schnurgerade nach Norden auf schönen Forststrassen, oft direkter als die gewöhnlichen Autostrassen.
Das war unsere Route: Duzniki Zdroj – Wojborz – Henrykow – Grodkow – Brzeg - Namyslow – Antonin – Kalisz – Slupca – Strzelno – Inowroclaw.
Am 19.08. waren wir in Torun, der Geburtsstadt Kopernikus, und dann sind wir weiter auf dem Weichsel-Damm bis zur Mündung in Mikoszewo geritten.
In den letzen zwei Tagen war es recht kalt und windig, es hat geregnet und es war also kein angenehmes Badewetter! Aber fast zwei Monate lang war das Wetter sehr schön...nur heiss war es, und wie!
Am 28. August sind wir von einem italienischen Freund abgeholt worden und mit einem kleinen LKW (Pferdetransporter) nach Italien gefahren.
Die polnische Landschaft unterscheidet sich sofort drastisch von der Tschechischen. Die Dörfer bestehen nicht mehr aus kompakten Häuserreihen, die von den Agrargenossenschaften bebauten Getreidefelder sind nicht mehr so enorm. Hier ist die Landschaft von vielen vereinzelten Bauernhöfen, kleinen Feldern, weidenden Tieren, Wäldern und Wiesen charakterisiert. Der Grund dieses Unterschieds besteht darin, dass Polen das einzige sozialistische Land war, in dem der Privatgrundbesitz erhalten blieb. Nur die Grossgrundbesitze wurden kollektivisiert.
Die Leute reagieren auch anders, wenn wir vorbeireiten. Wenn zwei Wanderreiter (mit dem ganzen Gepäck am Sattel) wie wir in einem kleinen Dorf erscheinen, ist es zwar nicht einfach zu übersehen, aber die Tschechen verstecken oft ihr Staunen sehr gut und tun so, als ob sie uns gar nicht sehen würden, aber kurz danach drehen sie sich um, um sich die zwei ausgefallenen Typen genau anzuschauen und denken dabei, dass wir es nicht merken!
In Polen ist es ganz anders: man versucht gar nicht, die überraschung und die Neugierde zu verstecken/dissimulieren, man lächelt, begrüsst, bewundert und befragt.
Das hat natürlich auch eine leicht unangenehme Seite, wenn man sich bei jedem Aufenthalt von einem Dutzend neugierigen und aufdringlichen Kindern umgeben sieht, aber es erleichtert unser Herz in jenem Zeitpunkt der Ungewissheit, in dem wir am Abend ein Dach für uns und unsere Rösser suchen.
In Tschechien haben wir fast immer bei kleinen Reitclubs oder Pferdezüchtern übernachtet, in Polen dagegen fast immer bei Bauern. Am Ende konnte ich auch ein bisschen Polnisch sprechen (das macht viel aus)!
In Polen ist die Gastfreundschaft immer sehr grosszügig: die Familie, die uns jeweils in ihren Hof oder in ihrem Haus empfängt, bereitet uns immer das Abendessen (“kolazia”)und das Frühstück (“sniadanie”) vor, und bietet uns sofort die Entspannung einer schönen Dusche(“prisniz”), ein sehr angenehmer Augenblick nach den langen Stunden auf den staubigen Strassen in der Hitze.
Und am nächsten Morgen, beim Abschied, durften wir nie dafür bezahlen, das haben uns unsere Gastgeber nie erlaubt.
Von den vielen polnischen Freunden möchten wir hier mindestens einige erwähnen: Familie Markisz, von Sloszow (Duszniki Zdroj), die uns am ersten polnischen Abend empfangen hat, als wir noch kein Wort Polnisch konnten; die ganze Freundegruppe von Wojborz; die Familien Sleszak und Sikora von Wojslaw, die um unsere Gegenwart liebevoll gestritten haben; Renata und Renek von Szydlowice, die uns ihr Schlafzimmer angeboten haben; Adam und Bernadeta von Boczkow; Familie Kuchcinski von Iozefow, die sogar eine nette Dolmetscherin geholt haben; Familie Brzezinscy von Modlyborzyce ; Familie Pawelec von Nowa Wies (Grudziadz)... und die Liste könnte weiter gehen!
Wir danken Euch allen, lieben polnischen Freunden, die ihr uns so grosszügig geholfen habt!